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PERÚ - Ein Meerschweinchen weniger flitzt über das peruanische Hochland

Chiclayo

Die ecuadorianisch-peruanische Grenzerfahrung stellt sich mit 2×1h Wartezeit als überraschend customerfriendly heraus.

Das liegt sicher auch daran, dass unser Bus vor der Grenze um kurz vor Mitternacht noch mal richtig Gas gegeben hat und viele Busse nach uns eingetrudelt sind. 😎 Bina stolpert fast blind (ohne Linsen - Brille hat sie in Kolumbien liegen gelassen) aus dem Bus, weil uns der Fahrer so stresst. 😂

Während wir auf die riesen Poster starren, auf der lächelnde Touristen die Naturwunder Perus erkunden, liegen vor dem Imigrationsgebäude in Peru hunderte Venezolaner am harten Beton und schlafen bzw. baden ihre Kinder in den Waschbecken auf der Toilette. Das bricht uns fast das Herz - wir starten in unser Peruabenteuer und dürfen dann in unsere sichere lebenswerte Heimat zurück kehren und sie flüchten vor ihrer unsicheren Heimat und werden es mit ihren begrenzten Habseligkeiten schwer haben, in Peru ein neues Leben aufzubauen...


Als wir dann nach einer 18h Busfahrt in Chiclayo aus dem Bus steigen, finden wir uns in einer verstaubten, eher farblosen, Arbeiterstadt wieder. Eigentlich wollen wir gleich weiter nach Chachapoyas - doch heute fährt kein Bus mehr. Wir sind komplett planlos 1. haben wir keine Ahnung, was wir in dieser Stadt tun können 2. haben wir noch weniger Ahnung, wieviel die Peruanischen Soles wert sind und 3. verstehen wir die Peruaner nicht, weil sie mehr Buchstaben verschlucken, als aussprechen und ihr Spanisch mit ein paar Quechua-Wörtern mixen. ¡Dios Mío!

Wir steigen mal in ein Taxi ein und lassen uns von dem Fahrer zu einem günstigen Hostal fahren, das seinem Freund gehört. 

Dort loggen wir uns gleich schnell ins WIFI ein, um den Umrechnungskurs abzuchecken und gscheid verhandeln zu können. 😅

In Chiclayo chillen wir dann nur, gehen ein wenig durch die staubigen Straßen spazieren und sind ein wenig überrascht - Peru haben wir uns ein wenig bunter vorgestellt...Wo sind die knallbunten Häuser und wo sind die Bäume und Pflanzen?

Estuardo hat uns eh in Quito schon vorgewarnt, dass der Norden Perus eine staubige, nicht so schöne Gegend ist. 😉

Dafür ist hier alles günstig wie noch nie! - In der Bäckerei kaufen wir uns 8 Brötchen um 1 Sol(es) = umgerechnet 25 Cent.

Am nächsten Morgen nehmen wir aber schnell den ersten Bus nach Cajamarca. Von günstigen Brötchen wird man langfristig ja auch nicht glücklich.. 


Cajamarca

Während der Busfahrt-Mittagspause versagen wieder einmal unsere Spanisch/Quechua-Kenntnisse und wir bestellen unabsichtlich Rindslunge... 😂 Gut, dass mit Reis und Kartoffeln nicht gespart wird...

Cajamarca ist super - der Hauptplatz ist wunderschön angelegt und von kolonialen Kirchen umgeben. Schuhputzer warten auf den Parkbänken auf Kundschaft, kleine Kinder laufen lachend um den Brunnen und ältere Frauen verkaufen ihr Gemüse.

Als wir gedankenverloren auf dem Hauptplatz spazieren, spricht uns Luis an und wir unterhalten uns eine Weile. Auf einmal meint er, dass er heute Geburtstag hätte und uns daher gerne auf ein Eis einladen würde. Ob er wirklich Geburtstag hat, wissen wir nicht, aber was wir fix sagen können, ist, dass das Eis im Schickimicki-Restaurant sehr lecker ist und uns der Kellner ein paar mal komisch beäugt. 😅

Wir laufen durch die Stadt und tauchen ein in die stolze Geschichte der Inkas. 

Wir klettern auf einen Aussichtspunkt, der von einer Parkanlage umgeben ist und setzen uns auf die Reste des alten Inkathrons, von wo aus der letzte Inka-König Atahualpa 500 Jahre zuvor seine Stadt überblickte, bevor die Spanier sein Reich zerstörten.

Außerdem besuchen wir eines der letzten Gebäude des Inkareiches - das ist besonders berühmt, weil der Inkakönig einen Raum mit Gold und Silber füllen ließ, damit ihn die Spanier wieder freiließen. Die Spanier willigten hinterlistig ein. Und nachdem sie beobachteten, wieviel Gold und Silber von Cusco herbefördert wurde - töteten sie den letzten Inkakönig und erbeuteten noch viel mehr Gold für den Spanischen König und die Katholische Kirche.

Es ist schön, dass wir trotz der blutigen Vergangenheit die Inkakultur in Ruinenanlagen und Monumenten oder in der Quechua Sprache der Bevölkerung noch immer erleben dürfen.

Hier in Cajamarca sind wir wirklich die einzigen Touristen. Als uns ein blonder Typ den Weg quert, stolpert Karin fast vor Aufregung und begrüßt ihn mit einem lauten "Hello!"

Der denkt sich nur:"Häh, kenn ich die!?" (- wie wir später herausfinden werden... 😅)

Am letzten Tag buchen wir eine Tour nach Cumbe Mayo - natürlich auf Spanisch, englischsprechende Touris gibt's ja so gut wie keine.

Cumbe Mayo stammt aus dem Quechua-Wort “Kumpi Mayu” (ein gut gebauter Wasserweg).

Dieser “Gesteinswald” ist eine erstaunliche Zusammensetzung aus vulkanischen Steinen von bis zu 18 m, die aussehen, als wären sie von Riesen geschliffen worden. Wir sind von der Landschaft begeistert!

Doch das Einzigartige an Cumbe Mayo ist das von der Cajamarca-Kultur (lange vor den Inkas) erbaute Wasserversorgungssystem. Es handelt sich hierbei um eines der ältesten Hydrauliksysteme in ganz Südamerika. Es ist mindestens 3.000 Jahre alt und ist insofern älter als ähnliche Römische Aquädukte in Südfrankreich.

Der Kanal füllt sich auf 3.513 m Höhe und fliesst hinunter zur Stadt Cajamarca. Somit gab es immer genug Wasser für die Landwirtschaft. Die Steine sind mit verschiedenen Malereien und Meißelein (?! in Stein gemeißelte Zeichen halt) verziert.

Außerdem wird Bina von einer kleinen Schafherde als neue Hirtin gesehen und bis zur Flussüberquerung verfolgt. 

Dann schnappen wir uns den Bus zu unserer nächsten Destination...


Chachapoyas

Wir haben schon so viele Busfahrten in Südamerika hinter uns - aber diese zwischen Cajamarca und Chachapoyas hat es richtig in sich. Wenn wir am Tag gefahren wären, hätten wir wahrscheinlich ein paar Ohnmachtsanfälle erlitten. Auf einem Teil der Strecke fahren wir auf einspurigen, kurvigen Straßen (wenn ein LKW entgegen kommt, müssen wir rückwärts fahren) über teils verschneite Berge - auf der einen Seite der Abgrund auf der anderen ragt eine Felswand so eng über die Straße, dass es wirkt, als würde gleich das Dach vom Bus skalpiert... Keine Sorge Mum, wir ziehen einfach die Vorhänge zu und hören beruhigende Musik mit Binas I-Pod. 😅

Im Bus lernen wir den Deutschpolen Clint (eigentlich Peter, aber er verzieht sein Gesicht oft so wie Clint Eastwood) kennen - er versorgt uns mit Tempos und Desinfektionsmittel für unsere Pinkelpausen. Er war auch der Typ und einzige Tourist, der uns in Cajamarca den Weg gekreuzt hat.

Nach der anstrengenden Nachtbusfahrt sind wir aber in Chachapoyas schnell hellwach - die Stadt ist voller Baustellenlärm, am Bauernmarkt wedelt ein Verkäufer mit einem halbtoten Hühnchen vor Karins Gesicht herum und bei einem in Zeitlupe arbeitenden Opa gönnen wir uns eine Runde Kaffee.

Den Rest des Tages verbringen wir mit Kartenspielen und Pisco Sour trinken mit Clint und seinem Hostelbuddy Hannes aus der USA (eigentlich James - doch beim Tourbuchen spricht er seinen Namen Spanisch aus - Ch-a-m-e-s und Bina versteht "Hannes" und wundert sich über einen so deutschen Namen bei einem Amerikaner...)

Mit Hannes haben wir nicht nur einen Doppelgänger von Michi, sondern Karin endlich einen Cuy/Meerschweinchen Essbuddy gefunden. So wird am Abend gleich eines der berühmten gegrillten Cuys verspeist. Jippieee endlich! Viel Fleisch ist nicht dran und es wird in einer eigenartigen Schatzkiste serviert. Doch das ist nichts gegen Clints Carnevalpasta, die aus mehr Ballons und Luftschlangen als aus Essen besteht. 😂😂 Das nächste Mal suchen wir uns wieder ein normales Restaurant...

Nicht weit von Chachapoyas liegt Kuélap - das auch das Machu Picchu des Nordens genannt wird. Seit kurzem wurde eine Gondel zur hochgelegenen Anlage in Betrieb genommen - so sparen wir uns jede Menge Schweiß und genießen die Aussicht von der Gondel aus.

Auf 3000m Höhe auf einer steilen Bergflanke wurde diese Tempelanlage 800 n.Chr. von den Chachapoya erbaut. Die Inkas kamen erst viel später - im 15. Jahrhundert und nahmen diese Anlage nach einer blutigen Schlacht ein.

Die Chachapoya bauten die Gebäude rund und pflanzten auf den Dächern Orchideen an. Der Mond war die wichtigste Gottheit, daher wurde der große Tempel auch dem Mond gewidmet. Wenn bei langen Dürrezeiten die Opfergaben nichts halfen, schossen die Chachapoya mit Pfeil und Bogen auf die Wolken, bis es regnete. Wir lauschen den Erzählungen unseres Guides und stellen uns vor, wie atemberaubend schön diese Anlage damals sein musste - Runde Häuser mit Pflanzen und bunten Orchideen umgeben und diese atemberaubende Aussicht! Lamas lassen sich das Gras zwischen den Mauerresten schmecken. So stellt man sich Südamerika vor. ❤

Am nächsten Tag erkunden wir mit Clint einen der höchsten Wasserfälle der Welt - den 771m hohen Gocta Wasserfall. Nach einer rumpeligen Busfahrt und einer Verfolgungstour in unseren Motos (Tuktuks) wandern wir 6km zum Wasserfall. Clint läuft mit seiner Multifunktionshose etwas gestresst vor ("Sonst ist der Wasserfall überfüllt mit anderen Touris!" Die Deutschen und ihr begrenzter Stresspegel...😂), Bina heftet sich an seine Fersen und Karin findet mit einer gemütlich dahin spazierenden Peruanischen Ladysgruppe neue Weggefährten. Auf den letzten Metern wird die Luft immer feuchter, von den Bäumen hängen Moose und Algen herunter. Der Weg wird schlammig, es tropft permanent - Hier wird der Urwald zum Regenwald. Bina und Karin wagen auch die letzten Meter direkt zum Wasserfall und kehren mit klatschnassen Hosen und Haaren zurück zum trockenen Clint.

Der Rückweg zieht sich ein bisschen - einerseits wegen dem steilen Weg und andererseits wegen den immer zahlreicher werdenden Regentropfen.

Am Abend gönnen wir uns ein lustiges Abschiedsabendessen mit Hannes, Jose und Maria (zwei Spanier, die wir auf der wilden Busfahrt kennengelernt haben).

Am nächsten Tag fahren wir mit Clint sieben Stunden im Kleinbus nach Tarapoto. Die Zeit in unseren engen Sitzen vertreiben wir uns mit abwechselnden Schlafpausen auf Binas Schulter und Filme schauen.